Sonntag, 23. März 2014

Vererbungslehre



Werden wir mal ein wenig wissenschaftlich…

Als Kind hatte ich die Angewohnheit stets, ständig und immerzu zu „zuppeln“. Meine Mutter kaufte mir damals extra Koldern mit kurzem Haar. Die waren zwar nicht so kuschelig, hielten aber eine Weile, denn Wolldecken hatten recht bald kein Fell mehr – ebenso erging es meinen Kuscheltieren, die ich trotz ihrer Nacktheit und der damit (für andere) verbundenen Hässlichkeit überall mit hin schleppte.

Unlängst kam ich ins Wohnzimmer und traute meinen Augen kaum! Da lagen auf dem Sofa verteilt Unmengen an Fusseln. Zuerst glaubte ich an eine Erscheinung … mitten in diesem Flusenmeer saß meine Mamsell und zuppelte an der bereits recht haarlosen Wolldecke.

Manche Eigenarten sind somit vielleicht erblich bedingter Herkunft. Da ich diesen Tick seit meiner Jugendzeit nicht mehr habe, kann meine Tochter sich ihn zumindest nicht abgeschaut haben.

Doch dann gibt es noch diese anerzogenen Spleens. Das sind die, bei denen man sich in der Jugend immer wünscht, nie so zu werden wie die eigenen Eltern.

Meine Mutter hat zum Beispiel die Angewohnheit, im Restaurant, bei Freunden, bei Bekannten und auch bei Fremden die Krümel von der Tischdecke zu wischen – selbst wenn gar keine Krümel da sind. Ich habe mich immer lustig über sie gemacht, bis mein Mann mich beim Inder mit den Namen seiner Schwiegermutter ansprach.
Oder diese Binsenweisheiten, bei denen man früher die Augen verdreht hat – „Was die anderen machen ist mir egal, hier gibt es unsere Regeln“ ,  „ Ich zähle bis drei…“ oder gar „Warte mal ab, bis du so alt bist wie ich“. Ich wollte anders sein – wie wahrscheinlich jeder auf diesem Planeten es sich irgendwann mal vornimmt. Doch wie oft schlage ich mir heute innerlich auf den Mund, wenn ich zu meinen Kindern diesen Schmus sage?

Nennen wir es anerzogen, doch irgendwo müssen die Vögel, die unsere Vorfahren hatten, auch weiter leben. Ich bin froh, dass meine Mama sich von ihrer Mutter einiges angenommen hat, so können wir sehr oft darüber lachen, wenn mal wieder der Satz fällt: „Ich wollte nie so werden“ und gleichzeitig meiner Oma gedenken, die dadurch immer noch unter uns weilt.

Die „Meise unterm Pony“ sollte man gar nicht so negativ sehen. Es hat seine Vorteile, dass wir alle irgendwo einen an der Klatsche haben. 
Zum Einen würde sicher vielen Menschen etwas fehlen, wenn sie sich nicht über die Eigenarten anderer austauschen könnten. Zum Anderen (und viel Wichtgerem): wer ist noch nie wegen einer süssen, goldigen, klitzekleinen Macke der Liebe begegnet?

 

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